Obwohl zwischen Ghost of Tsushima und Ghost of Yōtei satte fünf Jahre liegen, kommt es mir so vor, als wäre es erst gestern gewesen, dass ich über die Wiesen und durch die Wälder der namensgebenden Insel ritt und jedes mongolische Gesindel, das mir auf meinen Wegen begegnete, die Schärfe meines Katanas spüren ließ. Egal, ob die Invasoren gerade einen unbescholtenen Bauern bedrohten oder bereits die Leichen Unschuldiger plünderten, ich konnte einfach nicht tatenlos bleiben.
Es lag an mir, die Schurken ihrer gerechten Strafe zuzuführen. Folglich stieg ich jedes Mal von meinem geliebten Pferd ab und forderte den Stärksten zum Zweikampf heraus. Einen gut abgepassten Schwertstreich später lag mein Gegenüber blutüberströmt am Boden und ich kümmerte mich um den Rest. Ich ließ keinen Mongolen am Leben, denn ich war Jin Sakai, der Geist von Tsushima, und hatte mich der Befreiung meiner Heimat verschrieben.

Das alles ist schon fünf Jahre her und nun lädt Entwickler Sucker Punch erneut nach Japan ein. Auf kein Spiel habe ich dieses Jahr mehr hingefiebert als Ghost of Yōtei. Empfand ich Ghost of Tsushima bei seinem Release 2020 “nur” als ein sehr gutes Ubisoft-Open-World-Spiel, das bloß nicht von Ubisoft stammt, lernte ich es im Laufe der Zeit immer mehr zu schätzen – und betrachte es heute als eines meiner absoluten Lieblingsspiele. Ob Ghost of Yōtei das Gleiche gelingen kann? Unser Test versucht, darauf eine Antwort zu liefern.
Ghost of Yōtei: Rache wird am besten blutig serviert
Das liest sich negativer, als es gemeint ist. Ghost of Yōtei ist schließlich ein typischer zweiter Teil einer Videospielreihe: Man nehme das Konzept des Vorgängers und erweitere es um neue Features und Inhalte, ohne dabei alles völlig auf den Kopf zu stellen. Ghost of Tsushima hat schließlich wunderbar funktioniert. Meine Erwartungen an Ghost of Yōtei waren im Grunde simpel: die Stärken des Erstlings ausbauen, die Schwächen wegwischen. Das hat in Teilen wunderbar geklappt. Die Narrative gehört jedoch nicht dazu.
Ghost of Yōtei spielt auf Hokkaido, der zweitgrößten Insel Japans. Namensgeber ist der Yōtei-zan, ein fast 1900 Meter hoher Vulkan im Südwesten des Eilands. Und wie so ein Vulkan manchmal ausbricht, so bricht auch die neue Hauptfigur Atsu aus – im übertragenen Sinne, versteht sich. Sie erleidet in ihrer Kindheit einen schweren Schicksalsschlag, als ihre Familie von den Yōtei-Sechs, einer schurkischen Bande mit dem gnadenlosen Kriegsfürsten Lord Saito als Anführer, brutal abgeschlachtet wird. Atsu selbst kommt knapp mit dem Leben davon.

Jahre später kehrt sie als ausgebildete Kriegerin in ihre Heimat zurück, um die Yotei-Sechs ausfindig zu machen und zur Strecke zu bringen. Klingt nach klassischer Rachegeschichte? Ist es auch. Der Plot bietet wenig Überraschungen und stellt die altbekannte Frage: Was macht es mit einer Person, wenn sie völlig besessen von Rache ist? Sucker Punch erfindet das Rad nicht neu, präsentiert jedoch mit Atsu eine Protagonistin mit nachvollziehbarer Charakterentwicklung, mit der wir mitfühlen. Die Bösewichte bleiben aber leider sehr blass.


Also ich finde das game ganz gut gelungen