Und plötzlich ist unten dort, wo gerade noch oben war. Was das heißt? Das heißt, die junge Dame fällt an die Decke, als wäre dort das Zentrum der Schwerkraft. Und dann hebt sie diese falsche Schwerkraft einfach auf, verlegt sie dorthin, wo eine fliegende Insel hoch über den Wolken schwebt, und fällt sofort drauf zu… Der Vorgänger war eines der aufregendsten Erlebnisse auf Sonys Vita-Handheld! Deshalb muss Gravity Rush 2 im Test erst mal beweisen, dass dieser freie Fall auch auf PlayStation 4 Spaß macht.
Ich liebe Bewegungsfreiheit, im echten wie im virtuellen Leben! Deshalb begeistern mich vor allem solche Spiele, deren Helden besonders akrobatisch oder in Windeseile Distanzen überwinden, um ihre Gegner zu überlisten oder prachtvolle Aussichten zu genießen. Und Gravity Rush 2 hat all das.
Kat, die junge Dame, von der ich sprach, fällt… so schnell man eben gen Boden fällt… über Wolkenkratzer, an Flugzeugen vorbei, unter ganzen Stadtvierteln hindurch. Ihre Welt sind fliegende Berge, schwebende Städte – und zu Beginn des Spiels eine kleine Flotte hölzerner Luftschiffe, deren Passagiere in einer scheinbar ewigen, in alle sechs
Richtungen ausgedehnten Wolkendecke Edelsteine schürfen. Sie haben Kat bei sich aufgenommen, nachdem sie von einem Strudel aus ihrer Heimat gesogen wurde.
Wer wird sich denn streiten wollen?
Eine interessante Geschichte erzählt Keiichiro Toyama da, der auch für den Vorgänger, die
sowie das ursprüngliche Silent Hill verantwortlich zeichnet. Denn Kat erlebt kein Gut-gegen-Böse aus dem Handbuch der Dramaturgie. Vielmehr ist Gravity Rush 2 eine Sammlung in sich geschlossener, wie Comics erzählter Kurzgeschichten, alle mit ihren eigenen Bösewichten, vermeintlichen Feindbildern und moralischen Erkenntnissen. Im übergeordneten Bogen folgt Toyama Kats Suche nach ihrer Heimat und ihren Freunden. Doch in deren Rahmen erlebt die verschmitzte „Königin der Schwerkraft“ etliche kleine Episoden.
Dabei ist dem Spieleregisseur eine furchtbar sympathische Heldin gelungen: Kat kämpft ganz selbstverständlich für die Freiheit, die Rechte der Schwächeren sowie das Leben aller und stolpert nur deshalb durch moralische Dilemmas, um diese ebenso schnell aufzulösen wie sie Edelsteine der Reichen zu hungernden Armen transportiert. Konflikte beendet sie einfach mit ihrem großen Herz und einem frohen Lachen.
Die Erzählweise ist naiv. Schwere Themen spricht Toyama zwar an, überspielt sie aber mit einer beinahe ignoranten Unbeschwertheit. Dazu geschehen viele Entwicklungen dermaßen abrupt, das von einem dramaturgischen Aufbau nur am Rande die Rede sein kann. Urplötzlich rappelt sich ein fauler Schurke zu einer letzten Heldentat auf; Sekunden später ist seine Geschichte schon abgeschlossen.