Spiel mir das Seiden-Lied vom Tod
Diese Regions- und Zwischenbosse haben in der Regel ihre Angriffsmuster, die ihr erst einmal studieren müsst. Hin und wieder müsst ihr ein paar subtile Hinweise beobachten. Der Glockenbestie oder Lace hört ihr auch zum Beispiel an, zu welchem Angriff sie ansetzen; selbst bei besonders starken Gegnern wie der Witwe oder dem Letzten Richter lassen sich deren Angriffe durch kleine Bewegungen antizipieren.

Wie schon in Hollow Knight ist hier Geduld die Devise. Geht einen Kampf ruhig an, beobachtet, und schlagt dann zu, wenn der Gegner kurz seine Deckung verlässt oder euch den Rücken zudreht. Werdet nicht übermütig und schlagt lieber einmal weniger zu, bevor ihr euch wieder außer Reichweite begebt. Merkt euch, wann ihr einem Angriff durch einen Sprung und wann durch einen Dash ausweichen könnt. Dann sind auch bildschirmgroße Insekten wie der Vierte Chorus nur noch halb so erschreckend.
Tückisch ist es meiner Meinung nach oft geworden, wenn mehrere Gegner gleichzeitig den Bildschirm betreten, etwa bei Gegnerwellen, die oft als „Zwischenboss“-Kampf herangezogen werden, oder wenn Bosse nervige Fliegen und Käfer zur Unterstützung herbeirufen. Denn all das Auswendiglernen der Move-Sets bringt natürlich nichts, wenn andere Viecher mit ihren Angriffen euren Rhythmus brechen.
Erholsamer Lohn nach harter Arbeit
Je stärker der Bosskampf, desto belohnender fühlt sich in der Regel das an, was ihr danach bekommt. Das könnte eine stärkere Waffe sein oder gar eine komplett neue Fähigkeit, die euch dazu verleitet, alle Gebiete noch einmal nach Punkten abzusuchen, an denen diese zum Tragen kommt – was euch wiederum zu versteckten Items oder gar neuen Regionen führen könnte.

Nach besagten Kämpfen fühlen sich die ersten Schritte im nächsten Gebiet dann auch fast entspannend an und die dort aufploppenden Gegner nahezu wie eine Erholung. In solchen Momenten weiß man selbst das Leveldesign mit den gierig schnappenden Sandwürmern an den Gesprengten Stufen oder den widerlichen Sümpfen in der Sündenstraße zu schätzen und kann sich auch am abermals gelungenen Sounddesign laben.
Dieser soll nämlich nicht unerwähnt bleiben: Zwar bleibt der Soundtrack stets dezent im Hintergrund, ist in vielen Gebieten sogar nicht mehr als eine akustische Untermalung, trägt aber dazu umso mehr zur Atmosphäre bei. Mal schwelend unheilvoll, mal melancholisch – in den entscheidenden Momenten aber auch etwas aufbrausender, nie aber zu hektisch.
Backtracking at its best
Seid ihr gerade müde von einem Bosskampf oder einer anderen Herausfordeung, dann begebt euch doch einfach weiter auf Erkundungstour, denn: Die Welt von Hollow Knight: Silkong ist riesig. Es gibt deutlich mehr Gebiete als im Vorgänger, die teilweise auch spürbar größer sind. Das bedeutet natürlich auch: Mehr geheime Durchgänge, wertvolle Schätze und durchtriebene Händler*innen, die hinter bröckeligen Wänden, Lianenvorhängen oder verrosteten Eisengittern auf euch warten.

So manches Gebiet werdet ihr nicht nur ein zweites, sondern sicher auch ein drittes, viertes und fünftes Mal besuchen – entweder, weil ihr Fähigkeiten gewonnen habt, mit denen sich neue Wege erschließen lassen, oder, weil ihr zu unerwarteten Reichtum gelangt seid und eure Rosenkranzperlen auf den Kopf hauen wollt. Ist ein Gang durch die Decke zu weit oben? Habt ihr schon die Ringe bemerkt, die manchmal von der Höhlendecke hängen? Kommt später auf jeden Fall zurück.
Hollow Knight: Silksong belohnt nämlich nicht nur Geduld und Beharrlichkeit in den Kämpfen, sondern auch Neugier, Erkundungsdrang und ein gutes Auge. Wer jede vermeintliche Sackgasse, verdächtig aussehende Wand und verzwickte Abzweigung unter die Lupe nimmt, bekommt vielleicht das entscheidende Puzzleteil für die Lösung der nächsten Aufgabe.


Eine wirklich gelungene Review – besonders schätze ich, dass ihr euch Zeit dafür genommen habt. Bereits wenige Stunden nach Release erschienen die ersten Besprechungen, doch hier kommen die Stärken des Spiels zur Geltung, ohne dass vorschnell über Schwächen hinweggegangen wird. Wie man diese am Ende gewichtet, bleibt natürlich jedem selbst überlassen.
Mit den Stärken des Spiels gehe ich vollkommen d’accord. Allerdings sehe ich im Gamedesign einen gravierenden Schwachpunkt: die Laufwege zu den Bossen. Diese wirken nicht nur willkürlich, sondern vor allem überflüssig. Wenn ich bei einem fordernden Bosskampf jedes Mal über eine Minute damit zubringe, eine belanglose Passage erneut abzulaufen, fühle ich mich eher ausgebremst als herausgefordert. Dieses Design stört meinen Spielfluss erheblich und schmälert leider auch die Motivation.
Gerade hier hätte das Spiel die Chance gehabt, als Genreprimus neue Maßstäbe zu setzen und dem altbackenen „Boss-Run“ ein Ende zu bereiten. Diese Gelegenheit wurde jedoch vertan. Ein Bosskampf darf knackig sein – das ist genau das, was ich liebe, und ich stelle mich dieser Herausforderung gerne immer wieder. Die meisten Bosskämpfe in Silksong sind auch sehr gelungen, und das Gefühl stetiger Progression ist ein starker Anreiz. Doch die erzwungenen Laufwege tragen dazu nichts bei – im Gegenteil.
Aus diesem Grund halte ich das Spiel trotz seiner Qualitäten nicht für ein Meisterwerk. Es ist ein großartiges Spiel, keine Frage – doch für den Sprung in diese Kategorie fehlt es an einem zeitgemäßen Spieldesign.
Toller Ersteindruck! Schon der Vorgänger war -zumindest für mich- kein Spiel, das man in einer Session durchgerockt hat. Man bekommt bei solchen Sessions irgendwann einen Tunnelblick und würdigt viele Ideen, die das Spiel einem präsentiert, gar nicht mehr.
Deshalb lieber zurücklehnen und genießen