Nicht nur, weil das Spiel wie ein religiöser Drogentrip aussieht und die Grenzen zum Film verschwimmen lässt, sondern auch, weil die Entwickler sich offen gegen den russischen Angriffskrieg positionierten.
Das verantwortliche Studio namens Odd Meter rund um Gründer und Game Director Dmitry Svetlow verließ die russische Heimat und siedelte nach Kasachstan über, wo man mit der Entwicklung fortfuhr. Weil uns nicht nur Indika selbst brennend interessiert, sondern auch, was das Team zu möglichen Inspirationen und der aktuellen Lage in Russland zu sagen hat, haben wir sie um ein Interview gebeten – die Ergebnisse dazu lest ihr im Folgenden.
Indika: Interview mit Odd Meter – „Lachen ist eine Möglichkeit, mit Schmerz umzugehen“
4Players: In Indika reisen Spieler in ein alternatives Russland im 19. Jahrhundert. Welche Unterschiede gibt es zum echten Russland und warum habt ihr euch für diese Unterschiede entschieden?
Odd Meter: Unsere Geschichte ist bis zu einem gewissen Grad ein Märchen; es ist keine realistische, dokumentarische Arbeit. Und obwohl wir auf der einen Seite die meisten Details dieser Zeit so akribisch wie möglich behandelt haben – wir haben ein genaues Verständnis von dem Jahr, in dem alles passiert ist, haben sorgfältig bestimmte architektonische Stile studiert, das Erbe der Kirche und so weiter – sind viele Details auf der anderen Seite grotesk oder überspitzt worden.
4P: Wieso habt ihr euch dafür entschieden, Indika aus der Sicht einer Nonne zu erzählen?
OM: Indika ist eine Geschichte darüber, sich selbst und Gott zu finden. Daher ist die Nonne die passendste und logischste [Wahl] für diesen Charakter. Und ich, als Autor der Geschichte, bin sehr vertraut mit dem Leben in der russisch-orthodoxen Kirche; in meiner Jugend habe ich viel Zeit in der Kirche verbracht und als Kind habe ich mit meiner Mutter während unserer Pilgerreisen mehr als einmal ein Nonnenkloster besucht.
4P: Ihr habt erklärt, dass Spieler mit Erkundung, ein bisschen Plattforming und Umgebungsrätseln konfrontiert werden. Könnt ihr uns da mehr verraten?
OM: Das hauptsächliche Gameplay von Indika sind Erkundung und einfache räumliche Rätsel. Wir haben uns sehr viel Mühe gegeben, um sicherzustellen, dass das Gameplay die Geschichte so gut wie möglich unterstreicht, daher haben wir während der Entwicklung viele Ideen über Bord geworfen, einfach, weil sie mit der Story nicht funktioniert haben. Die Geschichte steht in unserem Spiel im Rampenlicht.
4P: In der Steam-Beschreibung heißt es, Indika wird schwarzen Humor haben. Was genau bedeutet das? War es schwierig, lustige Momente in ein Spiel einzuweben, das sich mit so einem ernsten Thema beschäftigt?
OM: Das Genre der Geschichte, die wir erzählen, ist die Tragikomödie, ich würde sogar sagen, dass die Komödie zuerst kommt. Ich bin überzeugt davon, dass das Erzählen von ernsten Geschichten mit einem ernsten Gesicht keine gute Idee ist. Und viele schmerzhafte Probleme können nur durch Humor aufgedeckt werden. Allgemein und sogar von einer biologischen Perspektive aus ist Lachen eine Möglichkeit, mit Schmerz umzugehen.
4P: Indika fokussiert sich sehr auf die Geschichte. Wird das Spiel eher eine lineare Erfahrung werden oder wird es mehrere Wege geben, abhängig von den Entscheidungen, die Spieler beim Spielen treffen?
OM: Das Spiel wird völlig linear sein, sowohl was das Gameplay als auch die Geschichte angeht. Wir haben keine Entscheidungen oder alternativen Enden, weil es uns wichtig war, eine ganz bestimmte Idee rüberzubringen.
4P: Ihr habt Indika mit einem Arthouse-Film vergleichen. Gab es irgendwelche Inspirationen für die Ästhetik des Spiels? Irgendwelche Filme die zur Optik oder dem Gefühl des Spiels beigetragen haben?
OM: Als Inspiration dienten uns die Werke von Yorgos Lanthimos, Terry Gilliam und Andrei Tarkovsky, während es beim Schreiben des Skripts die Romane von Dostojewski, Gogol und Bulgakov waren.
4P: Habt ihr irgendwelches Feedback von anderen Entwicklern aus der Industrie bekommen bezüglich eurer sehr offenen Einstellung gegen Russland?
OM: Auf jeden Fall. Die meisten teilen und unterstützen meine Unterstützung. Es ist wichtig zu betonen, dass meine Haltung nicht gegen Russland, sondern die aktuelle Regierung ist. Der Anfang dieses Krieges war meiner Meinung nach nicht nur ein Verbrechen gegen die Ukraine, sondern auch gegen die Menschen in Russland, die Zukunft des Landes und seinen Interessen.
4P: Es gab eine finnische Zeitung, die eine Counter-Strike-Karte entwickelt hat, die Spielern half, den Krieg gegen die Ukraine besser zu verstehen. Habt ihr von dem Projekt gehört und wenn ja, was haltet ihr davon?
OM: Um ehrlich zu sein höre ich zum ersten Mal davon, aber es klingt sehr interessant.
4P: Welche Versuche würdet ihr gerne von anderen Entwicklern sehen, um mehr Aufmerksamkeit für den Krieg zu verbreiten, denn Russland gegen die Ukraine führt?
OM: Nun, eins der Hauptziele der russischen Propaganda ist es, im Land ein Gefühl zu erschaffen, dass alle die Handlungen der Regierung unterstützen, weil es für uns als Menschen extrem schwer ist, als einziger gegen den Strom zu schwimmen. Es ist daher sehr wichtig, einfach etwas zu sagen wie: Ich bin dagegen. Aber selbst jemanden mir, der außerhalb von Russland lebt, verursacht das Angst, da ich mehrere Drohungen erhalte. Daher kann ich mir vorstellen, wie schwer es für diejenigen ist, die das Land verlassen haben. Ich habe also nicht das Gefühl, als hätte ich das Recht, jemanden zu irgendwelchen Handlungen aufzurufen.
Wir bedanken uns noch einmal recht herzlich bei Odd Meter, dass sie sich die Zeit genommen haben, unsere Fragen so ausführlich zu beantworten. Keine Antwort gab es auf die Frage nach dem Release-Termin: Derzeit ist das Spiel für das 1. Quartal diesen Jahres geplant und soll dann auf dem PC, der Xbox Series X|S und der PlayStation 5 erscheinen. Beim vergangenen Steam Next Fest haben wir schon einmal die Chance genutzt, uns die kostenlose Demo von Indika näher anzuschauen und verraten euch unsere ersten Eindrücke.
Spannendes Thema. Das Spiel befindet sich schon länger auf meiner Wunschliste und das Interview macht mich nur noch gespannter, wie es letztendlich umgesetzt wird.
Gilliam und Lanthimos waren auch meine ersten Gedanken, als ich den Trailer gesehen habe. Allein schon aus dem Grund werde ich nicht an dem Titel vorbeikommen