Veröffentlicht inTests

Alan Wake 2 (Action-Adventure) – Schauriges Sequel mit hellen Einfällen

Alan Wake ist zurück: Der wohl bekannteste Schriftsteller der Videospielhistorie steckt auch 13 Jahre nach dem Ende des Erstlings noch am dunklen Ort unterhalb von Cauldron Lake fest und versucht verzweifelt, sich mit seinen Schreibkünsten einen Ausweg zu schaffen. Ob ihm das gelingt, stellt sich jetzt im zweiten Teil heraus, der mit einer weiteren Protagonistin, zahlreichen Perspektivwechseln und einer ordentlichen Portion Horror neue Taschenspielertricks aus dem Autorenärmel schüttelt. Mit einer Taschenlampe bewaffnet stürzen wir uns erneut in den Kampf gegen die dunkle Präsenz und verraten, ob uns dabei ein Licht aufgeht oder ob Alan Wake 2 im Schatten seines Vorgängers zurückbleibt.

©

Die abgedrehte Welt des Alan Wake
[GUI_STATICIMAGE(setid=92723,id=92658207)]
Im malerischen Bright Falls erwarten euch jede Menge seltsam-charmante Bewohner mit ihren ganz eigenen Geschichten. © 4P/Screenshot

Eine der größten Stärken ist das herrlich schräge und doch stimmige Universum von Remedy, das man in Alan Wake 2 noch einmal um neue bizarre Einfälle ergänzt. Schon der Vorgänger und das an Akte X erinnernde Control punkteten mit spannenden Lore-Fetzen, die in der Spielwelt darauf warten von mir entdeckt zu werden, absurden Full-Motion-Videos und kauzigen Charakteren. Mit dem Federal Bureau of Control und dem Hausmeister Ahti tauchen nun ein paar alte Bekannte auf, bei denen das Portfolio von Remedy nahtlos zu verschmelzen scheint, während die neuen Bewohner des Städtchens mit ihren eigenen abgedrehten Persönlichkeiten glänzen.

 

 

Besonders die Koskela-Brüder Ilmo und Jaakko, die in jede noch so absurde Idee investieren und passend zum Oh Deer-Diner einen kaffeebasierten Vergnügungspark aus dem Boden gestampft haben, sind ein Geniestreich. Ihre Werbespots, die an einigen Orten im Spiel auf Fernsehgeräten zu sehen sind und an das bizarre Video des Tierpräparators Chuck Testa erinnern, trösten mich sogar über die nur noch namentlich erwähnte TV-Serie Night Springs hinweg. Wer ein Faible für das Außergewöhnliche hat, sollte Alan Wake 2 ausgiebig erkunden und wird dafür mit grotesken Geschichten und einer ordentlichen Portion Humor belohnt.

 

Ein schockierend schönes Spiel

All die oben genannten Qualitäten und Makel werden dann in eines der wohl hübschesten und hochwertigsten Geschenkpapiere eingehüllt, die man in modernen Videospielen finden kann: Alan Wake 2 hat fantastische Lichteffekte zu bieten, bei denen die untertauchende Sonne keck über den Horizont lugt und alles in einen warmen, orangefarbenen Schimmer taucht, oder flackernde Straßenlaternen und meine Taschenlampe die nassen Baumstämme und Büsche im dunklen Wald zum Glänzen bringen. An die grafische Leistung eines Cyberpunk 2077 auf den höchsten Einstellungen kommt das Spiel zwar nicht heran, auch im Qualitätsmodus auf der PlayStation 5 sind Spiegel beispielsweise nur unscharfe Flimmerbilder.

 

 

[GUI_STATICIMAGE(setid=92723,id=92658214)]
Was für ein sündhaft schöner Sonnenuntergang: Wenn Alan Wake 2 mal nicht schockiert, dann bezaubert es mit seinen Panoramen. © 4P/Screenshot

Trotzdem punktet Alan Wake mit einer wahrlich hübschen und detailreichen Optik, die Bright Falls und dem dunklen Ort trotz trister Tragödien Leben einhaucht. Die Wälder von Washington warten mit verschiedensten Bäumen und Gewächsen auf, die geschmückte Stadt sorgt angesichts des bevorstehenden Hirschfests für bedrückte Feierlaune und Alan wird durch die finstere Nacht New Yorks von leuchtenden Neonschildern geleitet, deren Umrisse eine Reihe an Graffitis enthüllen, die wiederum Namen und Ereignisse der Geschichte beinhalten. Die ohnehin schon unheimliche Atmosphäre wird von den Lichteffekten und der realistischen Grafik weiter unterfüttert und verbreitet so konstante Anspannung.

 

 

Und apropos unheimlich: Die eingangs erwähnten Horrorelemente sind vor allem visuell eine wahre Augenweide und wirken mit ihren wahlweise schwarz-weißen, blutroten oder moderig grünen Farbkonstellationen fast wie ein Blick auf verbotene Bilder aus den menschlichen Verstand übersteigenden Abgründen. Konventioneller Horror trifft auf eine unkonventionelle Darstellung, optische Spielereien und furchterregende Mimik. Mit dem künstlerischen Ansatz gelingt es Alan Wake 2, sich von der Masse abzusetzen und zu einem der stylischsten Schocker überhaupt zu werden.

Kommentare

90 Kommentare

  1. NewRaven hat geschrieben: 03.11.2023 13:27
    Man kann diskutieren, ob das jetzt eine gute Szene war oder nicht, aber sie war tatsächlich ziemlich sinnig eingebaut und nicht wirklich irritierend. Die beiden kamen gerade zur ersten Nacht in ihrem Urlaub in der Hütte an, Alice wusste, dass sie Alan mit der Schreibmaschine etwas verstimmen wird. Es war also schlicht - und die Dialogfetzen, die von oben kommen, während Alan da im Haus rumwandert, untermauern das auch - eine "wir lassen es gleich mal ein bisschen im Urlaub krachen"-Verführunsgszene, die dann halt... daneben ging, weil Alan noch deutlich stärker negativ reagierte als erwartet. Wie gesagt, ob solch eine Szene generell nicht ein bisschen aus der Zeit gefallen wirkt, darüber kann man sicher diskutieren - aber in ihrem Kontext machte sie für mich schon durchaus verständlichen Sinn.
    Nur um das zurecht zu rücken:
    Ich empfand die Darstellung als irritierend. Mal ganz davon ab, dass ich sowas generell eher subtil mag, wenn es nicht wirklich Teil der Handlung ist, gibt es unendliche viele Möglichkeiten, sowas darzustellen. Die Wahl ansich macht definitiv Sinn: Man bedient die 2010 - zumindest offiziell - noch aus hauptsächlich männlichen Teens bestehende Gamerschaft mit einer Pinup Version von Alice. Irritierend war es einfach deswegen, weil es deplatziert wirkte in einem Game, dass sonst versucht so intelligent zu sein. Keine große Sache, fiel mir nur auf.
    Rooster hat geschrieben: 03.11.2023 15:20 Die Mindmap von Saga ist einfach nur dazu da um die Story zu rekapitulieren imo.
    Und genau da finde ich versagt sie. Ich hatte oft das Gefühl Kategorien und Unterpunkte verzweigen sich nahezu willkürlich. Das machte es schwierig nochmal Dinge nachzuschauen. Ich hab irghendwo ein Schrifftstück gefunden und ein paar Namen gelesen und wollte nachschauen, in welchem Bezug die standen. Logisch da ran zu gehen hat mich nicht weiter gebracht, also bin ich Fall für Fall durch bis ich besagte Personen gefunden hatte.
    Ich...

  2. NewRaven hat geschrieben: 03.11.2023 17:07
    sourcOr hat geschrieben: 03.11.2023 15:01 Vor allem ging Alan ja nach wenigen Sekunden schon die Puste aus und man konnte nicht mehr wegrennen :Blauesauge:
    Was insbesondere in Kämpfen nervig ist. Deswegen renne ich eigentlich quasi gar nicht, um "Weg schneller zurückzulegen" sondern wirklich nur, wenn ich vor Gegnern weg will. Alan hat in Alan Wake ungefähr so viel Kondition wie man sich einen typischen 75-jährigen Kettenraucher vorstellen würde, der schon drei Lungen-OPs hinter sich hat. :lol:
    LOL - ja der Entwickler argumentiert diese langsamen trägen Moves mit "Entschleunigung", genau so diese langweilige träge Steuerung.
    Warum dieses Spiel diese hohe Bewertung bekommt muss man ja nicht verstehen, und es ist ja jedem sein gutes Recht es anders zu sehen.
    Ich hab's nach 3-4 Std. gelassen, für mich ein schlechtes langweiliges Spiel - da kann ich nichts hinzufügen. Meiner Meinung hat man das Spiel nur wegen seiner akzeptablen Grafik und der Story versucht, es gut zu bewerten. Wobei die Grafik auch ncht so die Bombe ist wie sie gehyped wird. Da gibt's besseres, was mit pers. eigentlich gar nicht "so" wichtig ist, als ein gutes flüssige laufendes Spiel.
    Es gibt so viele Details die ich nennen könnte, was hier einfach nicht euphorisiert, aber was soll's - ich hab's gelöscht.

  3. sourcOr hat geschrieben: 03.11.2023 15:01 Vor allem ging Alan ja nach wenigen Sekunden schon die Puste aus und man konnte nicht mehr wegrennen :Blauesauge:
    Was insbesondere in Kämpfen nervig ist. Deswegen renne ich eigentlich quasi gar nicht, um "Weg schneller zurückzulegen" sondern wirklich nur, wenn ich vor Gegnern weg will. Alan hat in Alan Wake ungefähr so viel Kondition wie man sich einen typischen 75-jährigen Kettenraucher vorstellen würde, der schon drei Lungen-OPs hinter sich hat. :lol:

  4. lAmbdA hat geschrieben: 03.11.2023 12:59 Es fühlt sich fast Soulslike an, da man Gegener recht sauber zur Strecke bringen kann, aber die einen auch sehr schnell auseinander nehmene können, wenn man aus dem Flow raus kommt. Ob das nun gewollt ist oder nicht, fass ich mal nicht an, aber ich nehms gerne mit. Frustrierend finde ich da eher die seltenen Checkpoints.
    Das Resi 4 Remake hat ja auch einen gewissen Chaosfaktor ins Spiel gebracht, indem Gegner nicht immer auf die gleiche Art und Weise auf Beschuss reagieren. Das führte auch zu einem gewissen Kontrollverlust im Vergleich zum Original. Kontrollverlust durch eingeschränkte Kameraperspektive finde ich aber ziemlich frustrierend. Ich will es jetzt auch nicht überbewerten, viele Encounter sind in AW II trotzdem ziemlich spannend. Ein bisschen mehr Feinschliff am Kampfsystem wäre aber schön gewesen.
    Mit den Checkpoints gebe ich dir vollkommen recht. Die wurden echt wahllos verteilt. Da das Spiel des öfteren einfach abschmiert gleich doppelt ärgerlich.
    Die Mindmap von Saga ist einfach nur dazu da um die Story zu rekapitulieren imo. Es bleibt zwar trotzdem sehr verworren, aber eigentlich ist die Mindmap ein Gegenpol zum sonstigen Lynch Storytelling.
    Ich bin trotz vieler gerechtfertigter Kritikpunkte ziemlich begeistert von AW II. Mich zieht es echt magisch in die Glotze sobald ich das Spiel anwerfe. Glaube dieses Jahr konnte mich noch kein Spiel so sehr begeistern. Hätte es nur noch ein halbes Jahr mehr polish bekommen ...

  5. lAmbdA hat geschrieben: 03.11.2023 12:59
    Spoiler
    Show
    Ertmal zum Erstling, den ich nun nachgeholt habe:
    Muss sagen der Durchgang hat mir wesnetlich mehr Spaß gemacht. Ich weiß nicht genau was diesmal anders war, evtl. das Hintergrundwissen von Control, meine niedirgere Erwartungshaltung, dass ich schon wusste was auf mich zu kommt und daher viele Schräge Sachen einordnen konnte oder dass ich nicht mehr dahinter vermutet habe und alles nicht so ernst genoimmen habe. Jedenfalls kam ich mit der Sotry viel besser klar. Ich mag das Konzept und die Ausführung dennoch immer noch nicht wirklich, aber prinzipiel war diesmal alles sehr schlüssig für mich. Das Remaster zu spielen war definitiv eine Aufwertung meiner Meinung zu AW.
    Dementsprechend happy bin ich in den 2. Teil rein und ja, es ist einfach das bessere Game. Ich hab die gleiche Problematik mit dem Konzept: Es ist zu verschwurbelt und teils auch einfach albern, was mich einfach irritiert. Auf der anderen Seite nimmt es sich selbst zu ernst, um die "Ulkigkeit" von Twin Peaks zu etablieren. Irghendwie kämpft es aus meiner Perspektive um die eigene Identität, ob es nun eher True Detective oder doch Twin Peaks sein will.
    Ansonsten hat es die typische Remdey Handschrift, in dem es doch so ziemlich überall so ein wenig unrund und unsauber auf der Zielgeraden ist. Ich spiel es auf der XSX im Qualitymodus. Framepacing ist die meiste Zeit rund, die Beleuchtung ist genau wie Artdirection und Sounddesighn großartig. Auf der anderen Seite sind die Specular Highlights eine Katastophe, ganz abgeshen davon das selbst SSR extrem noisy ist. Zudem schmieren die Temporal Artefakte teils schon rechtig stark. Wenn man mal eine Email liest und wirklich Sekunden! warten muss, bis sich die neue Email durch gesetzt hat, ist das schon auffällig. Wieg gesagt, meistens ist das i.O. für die Hardware der XSX, aber manchmal stört es das bild schon enorm. Animation sind sehr schön anzusehen und rund, aber manchmal gehen sie einfach auch kaputt....

Hinterlassen Sie bitte einen Kommentar.

Seite 1