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Anno 1800 (Taktik & Strategie) – Traumhaft schöner Aufbau

Nach den beiden Zukunftsausflügen geht es mit Anno 1800 wieder in die Vergangenheit. Diesmal konzentriert sich die Aufbau-Wirtschaftssimulation von Blue Byte und Ubisoft auf die industrielle Revolution. Mit einer wunderschönen Spielwelt, komplexen Produktionsketten und fast schon harmonisch wirkenden Seeschlachten kämpft Anno 1800 um den Aufbau-Thron. Mehr dazu in unserem Test.

© Ubisoft / Blue Byte Mainz / Ubisoft

„Unsere Stadt soll schöner werden“

Die Auslagerung von Produktionen ist nicht nur sinnvoll, um Platz auf der Hauptinsel zu sparen. Sowohl die Umweltverschmutzung durch Industrien als auch die Anzahl der Unorte (eher dreckige Produktionsstätten), die sich negativ auf die Zufriedenheit der Einwohner und die Attraktivität der Stadt auswirken, können so reduziert werden. Das Konzept mit der Stadtattraktivität geht noch weiter, denn erstmals wird man dafür belohnt, eine schöne Stadt zu bauen. Umso schöner die Stadt und umso höher die Attraktivitätsbewertung ausfällt, desto mehr Touristen kommen vorbei und zahlen am Besucherkai eine „Eintrittsgebühr“.

Die Attraktivität steigert man durch die Verbannung von schmutzigen Industrien, den Bau von Ornamenten oder durch den Zoo oder das Museum. Beide sind modular erweiterbare Riesengebäude: In Zoos präsentiert man gefangene oder gekaufte Tiere (Items) und im Museum werden archäologische Objekte ausgestellt, die je nach Seltenheitsgrad mehr Attraktivität versprechen. Wobei der Zoo rein optisch die hübschere Variante ist, da viele Ausstellungsstücke des Museums in kleinen Gebäuden versteckt sind, während viele Tiere tatsächlich in ihren Gehegen zu sehen sind.

Im Wandel der Zeit: Die Anno-Reihe von Anno 1602 über Anno 1404 bis Anno 2205 inkl. sämtlicher Ableger. © 4P/Screenshot


Expeditionen ins Unbekannte

Neu sind ebenfalls die Expeditionen, mit denen die südamerikanische Session erstmalig freigeschaltet wird und mit denen man Items für Zoo, Museum und Buff-Gebäude bekommen kann. Expeditionen kann man sich als kleine Textbook-Adventures vorstellen. Für solch eine Expedition muss man zunächst ein Schiff aussuchen, das sich auf die Mission begeben soll. Danach werden Waren und „Items“ (Crew und Co.) eingepackt, die bestimme Herausforderungen erfüllen bzw. kontern können. Schnaps eignet sich zum Beispiel als Medizin oder Proviant. Ist das Schiff vollgeladen, wird eine Erfolgsaussicht gegeben und wenn man zufrieden ist, kann die Fahrt losgehen.

Während der Expeditionen geschehen oft kleinere Ereignisse, auf die man reagieren und zwischen mehreren Optionen wählen muss, ggf. mit den Konsequenzen der Wahl leben. Hat man Glück und kompetente Leute bzw. die richtigen Waren mitgeschickt, erhält man schicke Artefakte wie Maya-Ruinen oder ein Dinosaurier-Skelett für das Museum oder besondere Delphine für den Zoo. Allerdings kann die Expedition auch scheitern oder ergebnislos verlaufen. Obacht: Bei solchen Ereignissen läuft das normale Spiel in der bisherigen Spielgeschwindigkeit weiter.

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Bei den Expeditionen gilt es auf allerlei Überraschungen zu reagieren. © 4P/Screenshot

Die Texte werden leider nicht von einem Sprecher vorgelesen. Sollten sie irgendwann nerven, obwohl sie sich gut in das Gesamtbild fügen, kann man sie links liegen lassen und sich auf andere Sachen konzentrieren. An Tiere, Artefakte und Co. gelangt man auch auf anderen Wegen.

Spätestens in diesem Bereich fallen gewisse Balance-Macken bei der Ausbalancierung der Items auf, wenn man z.B. für die Erstellung eines Fotos als Aufgabe eines Bürgers ein richtig gutes episches Item erhält und für eine Expedition, die viel mehr Aufwand und Zeit erfordert, nur öder Kram rauskommt.

Einfluss und alternative Fakten

Nicht zu vergessen sind Einfluss als Zusatzwährung und die Zeitung als Propagandamittel: Ersteren sammelt man durch das Erreichen bestimmter Stadtgrößen und kann diese Punkte dafür nutzen, um bestimmte Investitionen zu tätigen. So ist er z.B. später nötig, damit man neue Inseln besiedeln kann – anfangs kosten neue Inseln keinen Einfluss, aber je mehr Inseln man besitzt, desto mehr ist nötig. Je mehr Einfluss man für bestimmte Zwecke einsetzt, umso speziellere Boni erhält man – quasi wie eine Spezialisierung. Gibt man viel Einfluss für Expansion aus, also für die Inselbesiedlung, für Pendlerkais und für den Kauf von Anteilen an Inseln anderer Spieler, gibt es globale Boni für alle Inseln in Form von kostenloser Arbeitskraft.
Ähnliche Belohnungen winken bei Propaganda, Militär, Kultur und Co. Apropos Propaganda:
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Mit der Zeitung und alternativen Fakten lässt sich die Bevölkerung beeinflussen. © 4P/Screenshot
In regelmäßigen Abständen meldet sich der Redakteur der lokalen Anno-Zeitung mit seiner jüngsten Ausgabe, in der drei Ereignisse in der Anno-Welt aufgreifen werden (z. B. Krieg, Arbeitskraftmangel, Festivitäten) und je nach Nachrichtenlage hat die Zeitung globale Auswirkungen auf Zufriedenheit, Produktion und Steuern. Vor der Veröffentlichung der Zeitung kann man allerdings die Artikel gegen Einflusspunkte „lektorieren“ und mit „alternativen Fakten“ versehen, wodurch sich gezielte Boni realisieren lassen.


Die Investoren (fünfte Bevölkerungsstufe) generieren neben Steuern ebenfalls Einfluss und sind zugleich die Grundvoraussetzung für das Endgame-Großbauprojekt, nämlich die mehrstufige Weltausstellung, die mit Verlaub gesagt, sauteuer ist, aber die Attraktivität immens steigert und wertvolle Items einbringt.

Der typische Spielablauf aus Aufbau, Ausbau und Optimierung wird durch optionale Mini-Aufgaben (Dinge suchen, Waren liefern, Geleitschutz etc.) von der Bevölkerung oder von Nicht-Spieler-Charakteren aufgelockert. Manchmal breiten sich auch Feuer, Aufstände oder Krankheiten aus, die sich mit gewissen Gebäuden in den Griff bekommen lassen – und irgendwie ähnlich funktionieren. Diese Ereignisse können nicht abgeschaltet werden.

Kommentare

83 Kommentare

  1. SethSteiner hat geschrieben: 29.04.2019 17:31sei es dass es kein Saatgut gibt
    Es gibt Saatgut, du kannst das bei den Händlern kaufen oder von zerstörten Schiffen erbeuten. Nur musst du es jetzt in die Trade Union (wäre Gewerkschaft in Deutsch?) setzen, es ist nicht für die gesamte Insel gültig. Mit dem freien platzieren von Feldern kannst du aber regelrechte Hubs von Plantage bauen, die von endlosen Feldern umgeben sind.
    Finde ich gut, Zeugs wie Saatgut war ein bisschen zu einfach in Anno 1404.
    SethSteiner hat geschrieben: 29.04.2019 17:31oder dass man keinen Map Seed auslesen kann
    Kann sein, dass das später per Patch kam, aber sowohl Seed als auch speichern der Map-Einstellungen in eine Datei ist jetzt möglich :D
    Im jetzigen Patch und mit DX11 habe ich jetzt kaum Bugs gefunden.

  2. Hab jetzt zwei Spiele durch, Kampagne und eins gegen die höheren KIs, und heilige scheiße, das Spiel ist so verdammt gut. Anno 1404 war bereits ein grandioses Spiel mit kleineren Macken (Noria-Klickorgie >_> oder keine shift-Befehle), aber Anno 1800 ist praktisch das, mit solchen Problemen gelöst und ein bischem mehr Komplexität.
    Und das ganze sieht natürlich wunderschön aus. Technische Probleme hatte ich eigentlich nur mit DX12, sobald ich auf DX11 zurückgeschaltet hatte, lief es eigentlich ziemlich gut. Einzig ein Bug, bei dem die Symbole auf der Minimap fehlen, war ein bischen nervig. Dafür muss man aber lediglich den Spielstand neuladen.
    Selbst die Seeschlachten, wenn auch nicht unbedingt komplex, sind deutlich besser als in 1404, weil es jetzt tatsächlich Schiffe mit speziellen Rollen gibt. Und die Addons sind witzig, mit Hotkey-Torpedoes/Artillerie/Booster oder sogar Dynamitladungen, mit denen man seine Schiffchen in Kamikaze-Angriffe schicken kann. Durch die Komposition ergibt sich doch ein bisschen Potential für Einheiten-Kompositionen und Mikro.
    Einige der beschriebenen Probleme, wie Schiffs-Wegfindung oder der Minimalismus in Statistik (sowieso ein Anno-Wahrzeichen) fand ich eigentlich nicht sonderlich problematisch, ich konnte die Probleme in den Versorgungsrouten immer schnell identifizieren. Hätte mir ein bisschen mehr Optionen für Handelsrouten gewünscht, aber letzlich konnte ich alle Routen, die ich wollte, auch so einrichten.
    Nur die dumme und vor sich hin cheatende KI ist ein bisschen schade, gerade wo Seeschlachten interessanter sind. Da würde ich mir mehr Simulation wünschen, atm schadet es zB der feindlichen Wirtschaft anscheinend gar nicht (oder gut versteckt?), wenn du seine Transportschiffe zerstörst.
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    Was ich mir jetzt wünsche, ist hauptsächlich mehr - Größere Maps mit mehr KI, etwas mehr Simulation für meine Gegenspieler, und ein bissl mehr Freiheit und Komplexität, damit verschiedene Matches nicht immer so ähnlich ablaufen. Ein...

  3. Also mein Fazit nach dutzenden von Stunden ist momentan:
    Das Spiel macht Spaß, sieht schön aus und ist umfangreich aber meine Fresse es ist verbuggt und voller Unzulänglichkeiten. In dem jetzigen Zustand würde ich es ganz hart irgendwo zwischen 60er und 70er Bereich bewerten. So schön das Spiel auch gemacht ist aber hier wurde einfach sehr viel nicht umgesetzt, das schon seit dem Technical Test bekannt ist an Problemen und Wünschen und es gibt einfach eine große Menge an Problemen. Namentlich ist eines der schlechtesten Elemente die Schiffs-KI, bei der es scheint als hätte man die letzten 10, 15 Jahre RTS verschlafen irgendwie und dazu funktionieren sogar die vorhandenen Einstellungen nicht richtig. Aber auch an vielen anderen Stellen gibt es diverse Probleme, sei es dass es kein Saatgut gibt, sei es dass die Erze nicht ausgeglichen sind, dass das Handelsrouten-System so oberflächlich ist, es kein ordentliches Tutorial gibt oder dass man keinen Map Seed auslesen kann. Und welcher Designer ist so toll und denkt "hey, wenn jemand sein eigenes Spiel startet, lasse ich ihn auswählen zwischen Archipel und anderen Fachbegriffen, gebe aber keine Vorschau auf die Map!"? Sorry aber das sind teilweise einfach amateurhafte Fehler. Auch ein gutes Beispiel, bei jedem Spielstart ist man gezwungen unten Links das Menü von den Bevölkerungsstufen auf die unterschiedlichen Bereiche zu wechseln. Es merkt es sich einfach verflixt noch mal nicht. Die Liste an Unzulänglichkeiten ist hier nur angerissen, sie ist lang und zieht sich über viele verschiedene Bereiche.
    Anno 1800 wird mit Patches denke ich problemlos in den 90er Bereich vordringen aber bis dahin hat man noch einiges zutun und ich finde es schon etwas dreist, dass man einen Season Pass und DLCs ankündigt, anstatt das verdammte Spiel erst mal in Ordnung zu bringen.

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