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Batman: The Telltale Series – Episode 1: Realm of Shadows (Adventure) – Frische Impulse?

Telltales Adventure-Output läuft nach wie vor auf Hochtouren: Als Nächstes will man dem Dunklen Ritter auch im Spielebereich mehr erzählerische Tiefe verleihen und geht zurück zum Anfang der Geschichte. Können zahlreiche moralischen Entscheidungen und Reaktionstests bei den Kämpfen der Serie eine neue Facette verliehen oder verzettelt sich das Studio?

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Routinierte Inszenierung

Als Batman einige Einbrecher im Rathaus abfertigte und später Catwoman auf den Dächern konfrontierte, hat mich das also nicht spielerisch, sondern nur aufgrund der hübschen Inszenierung unterhalten: Geboten werden gelungene dynamische Kameraperspektiven, ein angemessen pompöser Orchester-Soundtrack und eine professionelle englische Synchronisation. Deutsch ist lediglich in Untertiteln enthalten. Ähnlich enttäuschend gestalteten sich Batmans Ermittlungs- und Planungsphasen, deren zu leichte Aufgaben eher an Lückenfüller als an echte Rätsel erinnern. Bevor Batman z.B. ein Anwesen überfällt, in dem es nur so vor Gangstern und korrupten Gestalten wimmelt, muss ich erst einmal seinen Schlachtplan austüfteln: Beim Festlegen des Weges mit dem Cursor lässt sich aber nicht wirklich etwas falsch machen, fast wie beim Malen nach Zahlen.

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Arm brechen, Gesicht zerstümmern oder verschonen: Beim Verhören der Gegner stehen mitunter Entscheidungen über ziemlich harsche Methoden an. © 4P/Screenshot

Immerhin eine Deut anspruchsvoller wird es an einem Tatort: In einer Lagerhalle wurden Gangster und Polizisten von einer geheimnisvoll kraftvollen Explosion in explizit dargestellte Eizelteile zerlegt. Auch hier werden Linien gezogen, und zwar zwischen zueinander passenden Indizien. Das gestaltet sich ebenfalls zu einfach, erfordert aber immerhin etwas Kombinationsgabe.

Entscheidungen in Gotham City

Deutlich interessanter wird es immer dann, wenn ich mich entscheiden muss: Unterstütze ich beim Aufdecken eines brenzligen Kriminalfalls Lieutenant James Gordon, um Vertrauen aufzubauen – oder lanciere ich die Geschichte lieber an die aufstrebende Reporterin Vicky Vale, die in jedem noch so ungünstigen Moment den richtigen Riecher hat. Als Bruce plötzlich selbst in Konflikt mit der Polizei gerät, muss ich z.B. abwägen, ob ich Vicky trotz meines Unwissens bereits mit einem Statement auf meine Seite ziehe oder noch nichts zu den Anschuldigungen sage. Diese persönliche Einbindung peppt das etwas behäbige Erzähltempo ein wenig auf, zumal mit Hilfe des neuen lokalen Mehrspielermodus‘ „Crowdplay“ auch Freunde mitentscheiden können (mehr dazu in dieser News). Bis zu sieben Mitspieler dürfen sich per Handy mit einer Website verbinden und dann abstimmen, welche der Multiple-Choice-Antworten ausgewählt wird – eine nette Ergänzung für gesellige Spielrunden, die bei einer Testrunde gut funktionierte.

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Spielerisch witzlos: Vor einem Überfall wird per Kamera-Drohne der Weg der Attacke geplant. © 4P/Screenshot

Bisher nehmen die Entscheidungen aber ohnehin nur leichten Einfluss auf den weiteren Verlauf. Oft wird dann das typische „Xy wird sich daran erinnern“ eingeblendet, was in späteren Episoden noch einmal eine gewisse Bedeutung bekommen könnte. Erstaunlich oft muss man sich auch unter Zeitdruck entscheiden, ob man sich beim Verhör kleiner Ganoven zur unterschiedlich drastischer Folter hinreißen lässt. Bislang sieht es aber nicht wirklich danach aus, als wolle Telltale wirklich einschneidende Abzweigungen wie in Dreamfall Chapters einbauen. Ein wenig auf die Nerven ging mir manchmal, dass die Dialogzeilen vor der Auswahl lediglich in Stichworten angedeutet werden.

Vielsagende Andeutungen?

Das ist zwar verständlich, weil Telltale mit Zeitdruck Dynamik ins Spiel bringen möchte – trotzdem kommt manchmal ein ganz anderer Satz dabei heraus als ich vermutete. Als Vicky z.B. im Wayne-Anwesen auftaucht und Bruce auf sein Befinden anspricht, habe ich mich z.B. für das selbstironisch charmante „Besser – jetzt wo Sie hier sind“ entschieden. Bei der Auswahl wusste ich allerdings noch nicht, dass Bruce noch mit schleimigem Unterton hinterher schickt, dass er sie unter anderen Umständen am liebsten auf eine ausgiebige Tour durch seine Privatgemächer mitnehmen würde. Anderswo passen die trockenen kleinen Gags aber besser zum sich emotional abkapselnden Bruce. Auch das gelungene Ende sorgt nach nur rund zwei Stunden Spielzeit noch einmal für einen dramaturgischen Höhepunkt und macht neugierig auf die zweite Episode.

 

Kommentare

14 Kommentare

  1. Palace-of-Wisdom hat geschrieben:Damit könnte ich leben, die vorgegaukelte Wahl die keine großen Konsequenzen hat nervt aber tierisch.
    Für mich leider der Spielspaß-Killer. Ich war ganz am Anfang total begeistert, aber ich ich spiele von denen kein Spiel mehr. Pseudoentscheidungen sind Gift für die Atmosphäre.

  2. Hab seit TWD S1 jedes Telltale Spiel zu release gekauft (außer den Minecraft rotz) und hab immer noch einen riesen Spaß damit. Auch Batman war klasse. Eine gute Story und interessante Charaktere sind halt das wichtigste für mich. Hoffe solche Telltale spiele kommen noch für Jahrzehnte. Am meisten freu ich mich aber auf TWD S3. Konnte mit der TV Serie nie was Anfangen aber Telltale macht es einfach besser. Einzige was ich in Zukunft auslassen werden ist der Marvel Müll damit kann ich einfach nichts anfangen.

  3. Palace-of-Wisdom hat geschrieben:Die telltale games bieten alle kaum gameplay und sind für mich nicht mal richtige vieospiele. Damit könnte ich leben, die vorgegaukelte Wahl die keine großen Konsequenzen hat nervt aber tierisch. Daher sind die spiele für mich nur in Universen genießbar von denen ich ein Riesenfan bin.
    Mal schauen wie viele Marken die noch umsetzen können bis die Leute gelangweilt sind.

    Stimme vollkommen zu, nur das ich nichtmal bei Universen Interesse habe, von denen ich ein Fan bin. Telltale hat ein unterdurchschnittliches Adventure gemacht (absurde kurze Spielzeit, kaum vorhandenes und anspruchsloses Gameplay, furchtbare Präsentation über Grafik und Audio, krudes Storytelling das auf permanente Cliffhanger ausgelegt ist ganz im Sinne von so mancher Fernsehserie) und danach nur noch CopyPaste für ihre Episoden und Reskins für andere Universen und Franchises betrieben.

  4. DerHoobs hat geschrieben:Kommt selten vor, aber diesmal kann ich Eurem Fazit nicht folgen. Ich empfand die Erzählstruktur und die Charakter-Vorstellung so stark, dass ich jede Minute genossen habe. Ich empfinde die erste Episode sehr vielversprechend. Wer mehr Geschwindigkeit wünscht, kann 10.000 andere Spiele spielen. Ich bin begeistert und freue mich schon jetzt auf Episode 2 - dann hoffentlich ein wenig länger. :wink:
    Das Problem ist, dass das nicht das erste Telltale Abenteuer ist und sich mittlerweile echt eine Ermüdung einstellt. Und was du schreibst, kann man im Prinzip zu jedem anderen Telltale Abenteuer schreiben...
    Ich bin auch echt mittlerweile durch...

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