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Psychonauts 2: Wahnsinnig charmant

Hüpf-Ausflüge in fremde Gehirne, wild verzerrte Gedankengebilde und viel, viel englisch vertonter Humor: All das und mehr bekommen Freunde psychedelischer Action-Plattformer derzeit in Psychonauts 2 geboten – im Rahmen des Xbox Game Pass sogar frei Haus. Wir überprüfen, ob die fünf Jahre seit der Crowdfunding-Kampagne Tim Schafers Baby gut getan haben oder eher nicht.

© Double Fine Productions / Microsoft

Charakterköpfe

Bereits die Figuren in der realen Welt besitzen ein wunderbar verschrobenes Design – z.B. der einst berüchtigte Coach Morry mit seinen erstaunlich kegelförmigen Proportionen. Sogar Raz’ „Mitschüler“, die ihn erst einmal ordentlich hänseln und seine Kleidung stehlen, sorgen mit einer gehörigen Portion Persönlichkeit dafür, dass die wilden Eskapaden der ungewöhnlichen Welt greifbarer werden. Damit auch die Nachwuchs-Agenten auf Missionen an gefährliche Orte mitkommen dürfen, begeht Raz sogar ein Kapitalverbrechen: In den Synapsen von Lehrerin Hollis Forsythe manipuliert er ihr Risikobewusstsein derart, dass ein extrem faszinierender, bizarrer Mix aus Hospital und Casino entsteht. Ein belastendes Erlebnis aus ihrer Vergangenheit betrifft schließlich einen Ideenklau aus der medizinischen Forschung, den sie bis heute nicht ganz überwunden hat.

Beim Einstieg in die Hirne zentraler Figuren wie ihr wird es also noch deutlich wilder als in der Realität – dank exzentrischer Persönlichkeitszüge, Dämonen der Vergangenheit und allerlei verborgener Ängste. Inmitten von einarmigen Organ-Banditen versuchen Skellettpüppchen ihr Glück in der Lotterie fürs eigene Kinderglück – und zanken sich nebenbei darum, ob der Weg dorthin ihnen überhaupt Spaß bereitet. Auch im ekligen Zahnmeer von Dr. Loboto oder einem psychedelischen Rockkonzert voller Regenbogenbrücken wird die überbordende Kreativität des Teams deutlich. An jeder Ecke gibt es Unmengen bizarrer Winkel und Verstecke zu entdecken.

Bitte knacken Sie mit den Synapsen!

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Im Kampf gegen Zensoren und andere schrullige Widersacher… © 4P/Screenshot

Am meisten Spaß machen hier geistige Kräfte wie die „Mentale Verbindung“, mit der glühende Synapsen verknüpft werden. Auf den Ausflügen in die Psyche müssen nämlich auch räumliche Blockaden gelöst oder umgepolt werden, indem sich der Held in großer Höhe von einem Gedanken-Knotenpunkt zum nächsten zieht. Hierbei hat das Team einen eleganten Weg gefunden, heikle psychische Themen mit viel Humor anzusprechen. Hat sich eine neuer Weg zwischen den schwebenden Begriffen „Urteilsvermögen“ und „Aufgeben“ eröffnet, kann Raz im passenden Zickzackkurs von Knoten zu Knoten zischen, um sie zu verbinden. So sorgt er z.B. für die Erkenntnis, dass Mäßigung oder ein Rückzug manchmal die geschicktesten Lösungen sein können. Mit Hilfe der „Mentalen Verbindung“ lassen sich zudem auch Gegner wie die aggressiv durch die Gegend stempelnden Zensoren oder wild gewordene Killer-Kaninchen von Plattformen ziehen – äußerst befriedigend!

Der Großteil der aufmotzbaren Fähigkeiten wirkt ebenfalls gelungen. Dazu gehören eine Zeitlupe gegen blitzschnell rotierende Ventilatoren, aufladbare Energieprojektile direkt aus dem eigenen Geist oder der Balanceakt auf einer Kugel, der eine agilere Fortbewegung und höhere Sprünge ermöglicht. Die gestiegene Komplexität hat aber auch ihre Schattenseiten, denn bei der Belegung haben sich die Entwickler etwas verzettelt: Zum Schweben aus brenzligen Situationen muss beispielsweise die entsprechende Fallschirm-Blase auf einer der vier L- und R-Tasten belegt sein. Gutes Einprägen oder häufiges Umbelegen der Fähigkeiten ist also Pflicht. Zudem lassen die übersinnlichen Tricks sich nicht nur in mehreren Stufen aufrüsten (z.B. mit einem Schlag aus der Ausweichrolle), sondern auch mit „Ansteckern“ erweitern.

Aggressiver Hüpfausflug

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…sowie gegen blitzschnelle Bosse, die unter sensorischer Überstimulation leiden. © 4P/Screenshot

Da Kämpfe in diesem actionlastigen Plattformer eine wichtige Rolle spielen, verbringt man nebenbei viel Zeit auf der Suche nach Unmengen an Objekten zum Rangaufstieg und der Weiterentwicklung. Beim Besuch am „Otto Matic“-Automaten wühlt man sich ausgiebig durch Dinge wie gesammeltes Psitanium, PSI-Aufstiegskarten oder -Aufstiegskerne bis hin zu kostspieligen Heilobjekten und Taschenerweiterungen. Auch die schon erwähnten Anstecker für nützliche oder alberne „Perks“ wie einem Tanz oder mehr Kombotreffern sind gegen den (etwas zu knapp bemessenen) Psitanium-Rohstoff erhältlich.

Hinzu kommen noch Objekte wie emotionaler Ballast – alles in allem wirkt der Fokus auf Sammelkram also ein wenig aufgeblasen. Im Laufe der Kämpfe sorgen Experimente mit neuen Ansteckern aber trotzdem für Extra-Motivation bei erneuten Besuchen der langen, fantasiereichen Levels und der offenen Außenwelt. Dort hat sich u.a. Raz’ rebellischer Schwarm Lili versteckt, die auch nicht gerade das harmonischste Verhältnis mit ihrem Vater Truman zu haben scheint.

Kommentare

32 Kommentare

  1. Bin jetzt kurz vor Schluss.
    Am Ende ist es ein nahezu perfektes Spiel.
    Was mich aber ungemein stört, ist die Länge.
    Es zeiht sich nach einer Zeit doch schon noch enorm. Das hätte man besser lösen können.
    Was jetzt nicht abwertend sein soll. Die Level sind fantastisch. Die Bosse super geil. Die Geschichte, richtig gut.
    Aber 5 Stunden weniger, wären am Ende mehr gewesen.
    Trotzdem ist es am Ende nah an der 90%.

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