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Risen (Rollenspiel) – Risen

Im Herbst 2006 hat eine börsennotierte Bugwelle ein Spiel namens Gothic 3 (4P-Wertung: 68%) mit voller Wucht erwischt und einen Mythos hinweg geschwemmt. Im Winter 2008 tauchten dann noch einige Trümmer auf, die JoWooD als Götterdämmerung (4P-Wertung: 20%) verkaufen wollte. Aber aus Fehlern kann man ja lernen. Vor allem, wenn man den Publisher wechselt, die Qualitätssicherung ernster nimmt und sich auf seine Stärken besinnt. Ist Piranha Bytes auferstanden aus Ruinen? Kann Risen als Rollenspiel überzeugen?

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Der namenlose Held

Edel und übersichtlich: Man hat alles Werte und Fähigkeiten im Blick.

Dieses System hat zwar seine Vorteile, denn es ist offen und man kann alles mischen, aber es erlaubt keine markanten Karrieren, zumal es sehr beschränkt aufgebaut ist: Magier können mit magischem Geschoss, Feuerball und Frost gerade mal drei Sprüche entwickeln. Das wird allerdings durch Licht- und Schutz-Spruchrollen wieder etwas ausgeglichen – es ist später sogar möglich, einen kämpfenden Begleiter zu beschwören oder sich mit der Nautilusverwandlung so klein zu machen, dass man durch enge Löcher kriechen kann.

Genug Lernpunkte vorausgesetzt, bringen Trainer einem gegen Gold bei, wie man seine Stärke um 1 oder 5 erhöht, die Armbrust benutzt, schleicht oder Schlösser knackt – sehr schön ist, dass ihr Standort auf den Karten angezeigt wird. Es gibt auch Alternativen, um sich zu entwickeln: Wer Bücher liest, kann Weisheit gewinnen, wer Kräuter wie Wichtelkappen oder Druidenschierling isst, gewinnt Geschicklichkeit oder einen Lebenspunkt. Verflixt, der mächtige Bogen des Jägers ist erst ab 25 Geschick nutzbar? Und ich habe 11? Dann muss ich da investieren…

Obwohl es also auch theoretisch die arkane Faktion gibt, hat man praktisch nur zwei Möglichkeiten: Entweder man lässt sich rekrutieren, um den eleganten Kampfstab plus Magie für den Inqusitor zu erlernen oder man schlägt sich bei den Banditen durch, um mit Axt und Schwert eher rustikal zuzuschlagen. Je nachdem, für wen man sich entscheidet, bieten sich andere Trainer und damit Entwicklungen an, aber die Unterschiede halten sich in Grenzen; Taschendiebe und Einbrecher sollten natürlich eher bei den Banditen in die Ausbildung gehen. Aber im Gegensatz zu The Elder Scrolls IV: Oblivion <a class="DYNLINK" onmouseover="DynToolTipp_Show('Klicken für Gameinfos‚)“ onmouseout=“DynToolTipp_Hide(); “ href=“javascript:DynCont_Display(‚Gamefinder‘,’runmod.php?sid=%7BSID%7D&LAYOUT=dyncont_gf&spielid=6001′)“>

ist das Angebot an Schauplätzen für Langfinger & Co überschaubar: Eine Stadt, ein Lager, eine Festung – das war’s.

Die Lage ist klar

Schwimmen kann der Held genau so wenig wie reiten – und wer sich zu weit ins Wasser wagt, wird von diesem Wurm geschnappt.
Man weiß jedenfalls sehr früh, was auf der Insel wo Sache ist. Und das ist ein dramaturgischer Fehler, denn es wäre besser gewesen, den Spieler erst mal etwas auf eigene Faust recherchieren und Neues entdecken zu lassen – so wird man schnell zum Laufburschen der Fraktionen. Es gibt nach einer Stunde nur noch ein großes Geheimnis: Die seltsame dunkle Welle, die das Land erschütterte und all die Ruinen hervor brachte. Es kommt gelegentlich zu kleinen Beben, die allerdings nicht immer überzeugend inszeniert werden. Während es in den Höhlen noch angenehm von der Decke rieselt, fühlt sich das Ganze in der freien Natur an wie ein Kamerafehler, zumal der Held keinerlei körperliches oder akustisches Feedback wie ein Schwanken oder einen verwunderten Kommentar von sich gibt.

Überhaupt begegnet man vor den Stadttoren einigen Inkonsequenzen: Warum ernten Bauern nachts ihr Weizenfeld? Warum beschweren sich Leute über die Abgaben, wenn überall Goldmünzen, offene Kisten, Rum, Wein und sogar kleine Diamanten rumliegen? Man hat fast das Gefühl, als hätte jemand beliebig ein paar Kostbarkeiten ausgestreut. Dabei zeigen die Entwickler, dass sie es besser können, wenn sie die Schätze in verwinkelten Höhlen oder in der Nähe verrotteter Skelette verstecken, wenn sie Gold- und Erzadern einbauen, die man mit den entsprechenden Talenten samt Spitzhacke abbauen kann. Allerdings nutzt sich der Belohnungseffekt ab, wenn man alle Nase lang auf funkelnden Klunker oder offene Kisten stößt – auch wenn es nur ein Detail ist, raubt es der Spielwelt ein wenig Glaubwürdigkeit. Aufgebaut wird sie wiederum von kleinen stimmungsvollen Szenen wie jener, als einen die Bauern vor der Ankunft des Zinseintreibers der Inquisition warnen und ein Versteck anbieten.

Diebstahl

Ist man erstmal von den „Weißen“ geschnappt worden, gibt es kein Zurück mehr – auch nicht durch patzige Antworten.

Stimmung gibt es mehr als genug in den ausgezeichneten Gesprächen – freut euch auf kantige Charaktere, die sich schroff und manchmal unberechenbar verhalten. Hier fühlt man sich umgehend wohl, wenn man Gothic gemocht hat: Sie maulen einen an, wenn man einfach so ihre Häuser betritt, sie fordern einen erbost auf, die gezückte Waffe wieder wegzustecken und sie gehen einem misstrauisch hinterher, mit einem „Pass auf, was du anfasst!“ auf den Lippen und holen sogar Verstärkung, wenn man einfach eine Treppe hoch stiefelt. Wachen schmeißen einen raus und werden handgreiflich, wenn man nicht spurt – sehr gut!

Es ist zwar toll, dass die Leute in Risen anno 2009 so lebendig reagieren wie in Gothic anno 2001, aber wo ist wenigstens ein kleiner Fortschritt in den Momenten, die schon vor acht Jahren unrealistisch wirkten? Es gibt Situationen, in denen die lebendige Reaktion fehlt, in denen man das Figurenverhalten nicht nachvollziehen kann. Wieso kann ich einfach so in die Hütte des brutalsten Banditen latschen und seine Kiste plündern, während er am hellichten Tage draußen auf der Bank sitzt? Selbst wenn das aktivierte Schleichen dafür verantwortlich sein sollte, müsste er doch wenigstens reagieren, wenn er die offene Kiste sieht und an mir vorbei (!) in seine Hütte geht. Wieso

Fegen oder nicht fegen? Wer sich in den Dialogen clever verhält, wird nicht herum geschubst.

kann ich nach einem Einbruch vom Dach eines schwer bewachten Gebäudes direkt neben eine Wache (!) springen, ohne dass sie reagiert? Das auch noch mitten in der Nacht! Und nein, es gab keine verschwörerischen Rauchwolken eines Joints…ähm..Krautstängels.

Der Diebstahl verliert auch dadurch an Reiz, dass man die komplette Beute behalten darf – wer auf frischer Tat ertappt wird, wird lediglich bewusstlos geschlagen; und in der Stadt wird einem die Hälfte des Goldes abgenommen. Aber man kann quasi vor den Augen des Besitzers all seine Kostbarkeiten wie Schriftrollen oder Pokale mitgehen lassen, wenn man sich nur oft genug zusammen schlagen lässt. Man kommt weder ins Gefängnis noch verliert man an Ansehen oder eben die Beute. Es kann zwar passieren, dass die bestohlenen Leute dann nicht mehr mit einem reden und so manche Quests verschlossen bleiben, was gut ist, aber dann wendet man eben den Witzezauber an, um ihr Gedächtnis zu löschen. Das wirkt alles künstlich und inkonsequent, auch wenn man so Sackgassen im Spieldesign vermeiden kann. Und vor allem: Man kann es ausnutzen.

         

Kommentare

1124 Kommentare

  1. ...endlich habe ich es auch mal geschafft das Spiel zu beenden und bin voll auf meine Kosten gekommen. Ein etwas lahmes Ende und das gewohnt hakelige Kampfsystem waeren die einzigen Dinge, die ich als alter Gothik FB auszusetzen haette. Ich wurde sehr gut unterhalten. Die Wertung von 74 ist fuer mich nicht verstaendlich. Freue mich bereits auf den Nachfolger...gogogo Piranhas!

  2. GOTY ist die gängige Bezeichnung für Spiele in ihrer kompletten Edition mit allen Add-ons (anno 2010: allem DLC) und gepatcht. Angefangen hat das eigentlich mit den Elder Scrolls, die sich immer als "Game of the Year" mit allen Erweiterungen verkauft haben.
    Es ist ganz leicht AXO. Es ist eine Bezeichnung die jeder kennt und es gibt keinen Grund daran etwas zu ändern.

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