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Blitzkrieg 3 (Taktik & Strategie) – Zurück an die Front!

Die Entwicklungsgeschichte von Blitzkrieg 3 ist chaotisch: Erst als Free-to-play-Titel mit Mehrspieler-Fokus geplant und nach mehreren darauf folgenden Jahren im Early-Access-Fegefeuer bei Steam, haben Nival jetzt ein Spiel veröffentlicht, bei dem vor allem die drei Kampagnen für Solisten im Fokus stehen. Wir haben uns auf die Schlachtfelder des Zweiten Weltkriegs begeben und an einen Klassiker erinnert gefühlt.

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Panzer im Nahkampf

Durchdachtes Taktieren ist allerdings auch durch die zum Teil absurd kurzen Kampfentfernungen kaum möglich: Das mächtige 88er-Hauptgeschütz eines Tigers schießt hier gerade mal über einen mittelgroßen Marktplatz, während Mörser, Haubitze und Co. ihre Geschosse bestenfalls einen Bildschirm weit befördern können. Auch diese moderne Echtzeitstrategie-Unart stammt aus Company Of Heroes, fällt hier aber aufgrund der größeren Karten und des etwas kleineren Maßstabes noch unangenehmer auf. Zudem können sogar Aufklärungsfahrzeuge oftmals nur knapp 20 Meter weit spähen und sehen Verteidigungsstellungen meist zu spät. Das Ergebnis sind extrem unglaubwürdige Panzerkämpfe, bei denen sich die Fahrzeuge regelrecht auf den Ketten stehen. 

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Neue Einheiten werden nach Missionen als Beute mit Rollenspiel-Seltenheitsgraden ausgeschüttet. © 4P/Screenshot
Immerhin sind die meisten Missionsziele aber ohnehin darauf ausgelegt, einfach alle Einheiten kombiniert ins Gefecht zu schicken und das Beste zu hoffen. Zwar haben Panzer natürlich unterschiedlich dicke Panzerungen an Front, Heck bzw. Seiten und leichte Blechdosen werden eher von Abwehrgeschützen aus dem Weg geräumt als Kolosse wie der Churchill, Tiger oder IS-1. Dennoch funktioniert die bekannte Alles-markieren-und-drauf-Taktik oftmals viel zu gut.  Sehr selten sind in der Kampagne ausgefeiltere Strategien gefragt – meist dann, wenn man Infanterie-Kommandos durch feindliches Gebiet bugsieren muss und Verluste tatsächlich ein Problem werden. Generell bleiben die Entwickler bei den Missionszielen in sehr sicheren Gewässern: Ziele erobern, Ziele verteidigen, Verteidigungsringe durchbrechen, Flugabwehr ausschalten, Konvois verteidigen: Das alles funktioniert routiniert und gut, hat man so oder so ähnlich schon allerdings auch schon dutzendfach gespielt. Zudem sind die meisten der Einsätze recht kurz – einzig die historischen Hauptmissionen haben mehrere Stufen und erfordern das Einstellen auf neue Gefechtssituationen wie z.B. feindlichen Nachschub oder Gegenangriffe.

 

Im Gefecht mit Boris

 

Ebenfalls sehr stolz sind die Russen von Nival auf ihre „neuronale KI“ Boris, die dem Spieler in vereinzelten Skirmish-Einsätzen im – natürlich ebenfalls aus Company Of Heroes – bekannten Kontrollpunkt-Modus entgegentritt. Diese, ebenso wie die Versus-Mehrspieler-Matches auf der Kampagnenkarte eingebundenen Gefechte verlaufen meist exakt so, wie eine Runde gegen die KI von Relic. Das angepriesene „Nicht-cheaten“ der KI, die angeblich ein ganzes Netzwerk nutzt, um die beste Strategie gegen menschliche Spieler zu finden, scheint stattzufinden – wie ein guter menschlicher Kontrahent spielt Boris allerdings trotzdem nicht. Oftmals verliert er das Ziel aus den Augen oder kämpft auf verlorenem Posten, ohne auf offene Flanken oder Schwachstellen einzugehen. Immerhin hat man aber tatsächlich das Gefühl, nicht gegen einen Cheater zu spielen, da man Einheiten verdeckt bewegen und die KI zum Teil überraschen kann. Nett: So gewonnenen Erfahrungspunkte und Beute-Panzer können auch bei wiederholtem Spielen erlangt weden. Nicht so schön ist die sehr reduzierte Kartenauswahl: Nur fünf Schlachtfelder stehen für Online- und Offline-Matches zur Verfügung. Erstere können allerdings immerhin auch über einen Server-Browser abseits des Matchmaking-Systems gestartet werden. 

 

Tatsächlich gibt

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Auf der Strategie-Karte werden Haupt- und Nebenmissionen ausgewählt. © 4P/Screenshot

  es auch noch einen letzten Aspekt, der es aus dem Free-to-play-Ansatz in das endgültige Spiel geschafft hat: Jeder Feldherr hat seine eigene Basis, die er mit im Gefecht errungenen Truppen ausstaffieren und Verteidigungsringe anlegen kann. Andere Spieler können diese Basis dann mit ihrem eigenen Kriegsgerät attackieren und so an Reputation zulegen. Klingt zunächst ganz spaßig und funktioniert auch recht ordentlich, gerät aber angesichts der übrigen Einsätze auf der Kampagnenkarte schnell aus dem Blick, da mit gelungenen Angriffen auf die eigene Heimatbasis keine Mali verbunden sind. Ebenfalls etwas überflüssig ist der frappierend an World of Tanks erinnernde Forschungsbaum, in dem punktuell Truppentypen oder Fahrzeuge verbessert werden können. Letzlich bekommt man gar nicht so richtig mit, ob und wie die eigene Basis angegriffen wurde – eine weitere nur halbherzig genutze Chance.

 

Dabei gibt Nival sich zum Teil durchaus Mühe, den Krieg in bisher ungesehenen Facetten zu inszenieren – so wird keine Kriegspartei als per se schuldfrei präsentiert und auch britische Soldaten können aktiv zu Kriegsverbrechen wie Gefangenenerschießungen verleitet werden. Zudem ist die hier vorhandene deutsche Kampagne nach wie vor eine Seltenheit – vielleicht auch, weil sich westliche Entwickler meist scheuen, den Spieler verbrecherische Schlachten wie den Überfall auf Polen oder die Einnahme von Sewastopol spielen zu lassen. Die russischen Entwickler kennen da keine Skrupel, lassen aber auch hier viele Chancen ungenutzt. Vor allem die Inszenierung der Übersichtskarte ist trockener als der Sand in den Ketten der britischen Crusader-Panzer in Nordafrika. Das geht sogar so weit, dass es nicht mal kleine Videosequenzen zwischen den Epochen gibt, die den Verlauf des Krieges illustrieren. Man muss dann eben wissen, dass Stalingrad ein Wendepunkt war – und warum eigentlich Ende 1944 plötzlich in den Ardennen gekämpft wird. Auch hier gilt: Gut gemeint, aber eben nicht so richtig gut gemacht. Schade!

Kommentare

16 Kommentare

  1. Hab die SuSt 4 Beta angespielt und auch BK3 in meiner Steam Bibliothek. ganz ehrlich, man muss 2x hinschauen, ob man nun gerade BK 3 oder SuSt 4 spielt.... Wobei BK3 sogar noch den komplexeren Eindruck macht....

  2. ronny_83 hat geschrieben: 07.07.2017 13:43 Sehr schade. Die ersten Blitzkrieg-Teile fand ich sehr gut. Leider hab ich schon relativ früh erahnt, dass der 3. Teil kein würdiger Nachfolger ist. Dann setzen wir die Hoffnung mal in Sudden Strike 4.
    Die Hoffnung steht auf einem sehr wackeligen, morschen Jengapodest. SuSt4 wird für PC und PS4 erscheinen, und es hat sich ja leider eingebürgert, zugunsten Padsteuerung bei RTS Kompromisse einzugehen. Es würde schon an ein Wunder grenzen, wenn es sich besser machen würde als HaloWars2.
    Kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass es annähernd so mirkomanagementlastig wird, wie die Vorgänger. Was es wiederum auch nicht sein sollte.

  3. Billy_Bob_bean hat geschrieben: 07.07.2017 19:40
    James Dean hat geschrieben: 07.07.2017 18:59
    Es gibt tatsächlich Shooter, in denen man auch als Wehrmacht an der Ost- und Westfront spielt.
    dann sag mal ein paar
    Ich vermute er bezog sich auf den Multiplayerpart diverser WW2 Shooter wie das erwähnte Red Orchestra 2 oder Call of Duty: World at War. Was Shooterkampagnen auf der deutschen Seite betrifft so gibt es wie gesagt keine. Ganz gleich ob an der Ost- oder Westfront.

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